EuGH I: Speicherung der Restschuldbefreiung nicht länger als sechs Monate zulässig
Art. 5 Abs. 1 Buchst. a DSGVO in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO ist dahin auszulegen, dass er einer Praxis privater Wirtschaftsauskunfteien entgegensteht, die darin besteht, in ihren eigenen Datenbanken aus einem öffentlichen Register stammende Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung zugunsten natürlicher Personen zum Zweck der Lieferung von
Auskünften über die Kreditwürdigkeit dieser Personen für einen Zeitraum zu speichern, der über die Speicherdauer der Daten im öffentlichen Register hinausgeht. (Leitsatz Nr. 2 des EuGH, Rn. 113)
Dies hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 07.12.2023 in einem Vorabentscheidungsverfahren entschieden, das das Verwaltungsgericht Wiesbaden eingeleitet hatte.
In Bezug auf die Informationen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung entscheidet der Gerichtshof, dass es im Widerspruch zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) steht, wenn private Wirtschaftsauskunfteien solche Daten länger speichern als das öffentliche Insolvenzregister. Denn die Verarbeitung von Daten über die Erteilung einer Restschuldbefreiung stellt einen schweren Eingriff in die in Art. 7 und 8 der EU-Charta der Grundrechte der betroffenen Person dar (Rn. 94). Die erteilte Restschuldbefreiung soll es nämlich der betroffenen Person ermöglichen, sich erneut am Wirtschaftsleben zu beteiligen und hat daher für sie existenzielle Bedeutung. Diese Informationen werden bei der Bewertung der Kreditwürdigkeit der betroffenen Person stets als negativer Faktor verwendet. Im vorliegenden Fall hat der deutsche Gesetzgeber eine sechsmonatige Speicherung der Daten vorgesehen. Er geht daher davon aus, dass nach Ablauf der sechs Monate die Rechte und Interessen der betroffenen Person diejenigen der Öffentlichkeit, über diese Information zu verfügen, überwiegen (Rn. 97).
Die betroffene Person hat laut EuGH nach Ablauf der sechs Monate ein Recht auf Löschung dieser Daten, und die Auskunftei ist verpflichtet, sie unverzüglich zu löschen. Art. 17 Abs. 1 Buchst. c, d DSGVO.
Was die parallele Speicherung solcher Informationen durch die SCHUFA während dieser sechs Monate angeht, hat laut EuGH das VG Wiesbaden die Interessen gegeneinander abzuwägen, um die Rechtmäßigkeit dieser Speicherung zu beurteilen (Rn. 100). Sollte es zu dem Ergebnis kommen, dass die parallele Speicherung während der sechs Monate rechtmäßig ist, hat die betroffene Person dennoch das Recht, Widerspruch gegen die Verarbeitung ihrer Daten einzulegen, sowie das Recht auf deren Löschung, es sei denn, die SCHUFA weist das Vorliegen zwingender schutzwürdiger Gründe nach (Rn. 110 ff.). Pressemitteilung des EuGH vom 07.12.2023
EuGH, Urteil vom 07.12.2023 – C-26/22 und C-64/22 – SCHUFA Holding (Restschuldbefreiung)